Es kann ein Fehler sein, keinen Fehler machen zu wollen. Viele Menschen versuchen, alles möglichst richtig zu machen. Doch alles perfekt zu erledigen kann sehr ineffektiv sein. Und es resultiert oft im sogenannten Tunnelblick. Plötzlich ist es egal, was du erreichst, was dir gelingt, es ist dennoch nicht gut genug.
Wir können uns an dem, was wir schon erreicht haben, nicht mehr freuen, es gar nicht wahrnehmen dadurch schwächen wir uns selbst und das Selbstwertgefühl nimmt stetig ab.
Was steckt eigentlich hinter Perfektionismus, was passiert bei gefühltem Kontrollverlust und wie kann man mit ihm umgehen? Im Artikel nehme ich dich zu genau diesen Themen mit.
Eines ist zunächst sicher:
Perfektionismus kann ganz schön nervig sein und Druck machen!
Perfektionismus kann uns im Alltag in verschiedenen Art und Weisen begegnen. Um das etwas zu veranschaulichen, teile ich zwei Beispiele mit dir.
Vielleicht kennst du eine dieser Situationen?
Perfektionismus: Aus dem Leben gegriffen
Mit der Kollegin
Ein Beispiel aus der Planung mit der Arbeitskollegin zum Thema Perfektionismus. Ein Dialog könnte da wie folgt aussehen:
Ich: „Wenn wir das Thema für Freitag einplanen wollen, mache ich mich mal an den Blogartikel.“
Sie: „Oh je, noch ein To-do auf der Liste. Ich glaube, ich muss mal meinen ganzen Blog ausmisten.
Ich: „Mach mal langsam, sonst geht bald gar nix mehr.“
Sie: „Ja, das Thema Perfektionismus.“
Kennst du das, wenn du etwas angehen möchtest und dann denkst, du müsstest zunächst das Ganze drum herum aufräumen und optimieren? Wir sind alle nicht sicher davor, ab und an den Blick fürs Wesentliche zu verlieren und uns in Details zu verfangen.
Kontrolletti in der Paarbeziehung
Ein Paar fliegt gemeinsam in den Urlaub nach Übersee, wofür verschiedene Impfungen notwendig waren. Die Frau sammelt die ganzen Informationen und Nachweise dazu und bewahrt sie gemeinsam an einem Ort auf.
Ihr Partner besteht hingegen darauf, eigene Kopien zu machen und alles zusätzlich auch bei sich aufzubewahren. Zusätzlich reichen ihm die Kopien nicht und er besteht darauf, alles noch abzufotografieren und sowohl bei sich als auch bei seiner Partnerin auf dem Handy zu speichern.
Dabei handelt es sich um einen echten Kontrollfreak, der keinen Spielraum lassen kann. Er muss alles im Blick haben, ansonsten fühlt er sich ohnmächtig, so erzählt es mir meine Klientin.
Bei den Beispielen handelt es sich um zwei verschiedene Arten und der Grad des Perfektionismus kann wie du siehst sehr variieren. Doch was genau steckt dem hinter dem Konstrukt?
Was steckt hinter Perfektionismus?
Per Definition gibt es beim Perfektionismus zwei zentrale Punkte. Und zwar:
1. Ein Streben nach Vollkommenheit und
2. Eine übertriebene Fehlervermeidung.
Je nachdem, wie hoch die Ausprägung ist, wird auch von einem pathologischen Perfektionismus gesprochen.
Man könnte es auch wie folgt beschreiben:
Wenn der Perfektionismus eher auf einer Fehlervermeidung fußt, steckt dahinter nicht die Freude, etwas möglichst gut zu machen, sondern die Angst, für den Fehler kritisiert und abgelehnt werden zu können.
Die Autorin Brené Brown schreibt ihn ihrem Buch „Die Gaben der Unvollkommenheit“ dazu: Gesundes Streben ist immer selbst-fokussiert. Man fragt sich dabei also nicht, wie man einen Fehler vermeiden kann, sondern wie man wachsen kann.
Kontrolle und Kontrollverlust: Was macht das mit Perfektionisten?
Perfektionisten verknüpfen den eigenen Selbstwert mit der Leistung, die sie bringen. Aus diesem Grund möchten sie nicht´s dem Zufall überlassen und alles im Griff haben. Das gelingt am besten mit viel Kontrolle.
Das hat allerdings den Nachteil dass, wenn man immer darauf bedacht ist, alles richtig und bloß keine Fehler zu machen enormen Druck auslösen kann. Sich dieses Verhalten auf die Gesundheit auswirken und sogar bis zu einem Burn-out führen kann. Ganz zu schweigen davon, dass die Mitmenschen die in dieser Art kontrolliert werden irgendwann die Geduld verlieren. So läuft die negativ Spirale weiter und weiter.
Es entwickelt sich eine Angst vor Ablehnung. Dabei kann man verlernen, die eigenen Leistungen objektiv zu beurteilen und die Fokussierung auf das, was man kann, geht verloren. Perfektionismus kann zu einer Abhängigkeit vom Feedback sowie der Anerkennung der Umwelt führen. Das birgt ein hohes Risiko an Unzufriedenheit und verstärkt das Gefühl ausgeliefert zu sein. Was wiederum dazu führt mehr Kontrolle auszuüben um positiveres Feedback zu bekommen.
Welche Möglichkeiten gibt es, um mit Perfektionismus umzugehen?
Natürlich gibt es – wie immer – auch beim Perfektionismus auch zwei Seiten der Medaille, die es gilt, sich bewusst zu machen und anzuerkennen.
Ein gewisses Streben nach Vollkommenheit kann in bestimmten Kontexten wichtig sein und sogar zur Motivation dienen. Etwa ist ein Streben nach Perfektion wichtig, wenn es darum geht, Menschen die richtige Dosierung eines Medikaments zu verabreichen. Oder wenn eine Lektorin Texte auf Fehler prüfen und korrigieren prüfen soll, auch da ist ein genaues Hinsehen erwünscht und wichtig.
Genauso wichtig ist es jedoch, im Alltag über bestimmte Fehler hinwegzusehen und andere nicht immer darauf aufmerksam zu machen. Die Fähigkeit, je nach Kontext angepasst zu reagieren, ist an dieser Stelle eine Gabe, die es zu üben gilt.
Überlege dir daher, aus welchen Gründen es dir so wichtig ist, etwas möglichst perfekt zu machen. Geht es darum, keine Fehler zu machen und dafür die Anerkennung deiner Umwelt zu bekommen? Ist es die Angst vor negativer Bewertung? Dann ist es umso wichtiger, dein Selbstbewusstsein zu stärken und deinen Fähigkeiten wieder mehr zu vertrauen.
Das hast du schon oft versucht und es ist dir nicht gelungen? Dann braucht es vielleicht die Unterstützung und den Block von außen, um an diesem Punkt weiter zu kommen. Melde dich gerne für ein Gespräch bei mir.
Ich hoffe, der Artikel konnte dir helfen, um das Perfektionismus etwas besser zu verstehen und durchschauen zu können.